Watt-LAB: KLIMAWANDEL IM WATTENMEER
Erforschen,
was Leben rettet.
Dem Wattenmeer droht durch die Klimakrise ein dramatischer Wandel, der globale Auswirkungen nach sich ziehen könnte. Der Meeresspiegel wird weiter ansteigen, wichtige Rast- und Brutgebiete der Seevögel könnten verschwinden. Ob wir diese Entwicklung noch aufhalten können, bleibt ungewiss. Doch um es mindestens zu versuchen, braucht es vor allem drei Dinge: Wissen, Daten und Öffentlichkeitswirksamkeit. Im Watt.LAB bieten wir Einblicke in wissenschaftliche Forschung und Daten von Norderoog und aus dem umliegenden Watt.
Zusammenhänge
verstehen
Die Seevögel sind von den Auswirkungen des Klimawandels direkt betroffen und sind deswegen ein hervorragender Indikatior für die gesamte Reaktion des Ökosytems Wattenmeer auf die Klimakrise. Der Bruterfolg auf den kleinen Halligen wie Norderoog ist von einer Vielzahl klimasensibler Variablen abhängig. Auf dieser Seite wollen wir unterschiedliche Faktoren aufzeigen, Zusammenhänge erläutern und anschaulich machen, was geschieht und wie wir es verstehen können. Wir freuen uns, wenn Sie uns auf dieser Reise begleiten.
Der Bruterfolg der Seevögel
Der Bruterfolg von zehn ausgewählten Brutvögeln des Wattenmeeres wird seit 2010 in einem gemeinsamen Monitoringprogramm der Wattenmeerstaaten systematisch beobachtet. Fünf der zehn Arten brüten auf Norderoog. Seit 2010 führt der Verein Jordsand bereits das Bruterfolgsmonitoring der gefährdeten Brandseeschwalbe auf Norderoog durch, von dessen Ergebnissen wir hier berichten.
Eine Auswertung der Monitoringjahre 2009 – 2012 ergab, dass der Bruterfolg bei sieben der zehn beobachteten Arten im Mittel über das gesamte Wattenmeer zu gering ist, um die Population langfristig zu erhalten (Thorup & Koffjeberg, 2016). Die Gründe für die niedrigen Reproduktionsraten liegen auch in einer Reihe klimasensibler Variablen. Dazu zählen zum Beispiel Landunter, Wind und Niederschlag sowie Nahrungsverfügbarkeit.
Die Sturmflutgefahr während der Brutzeit
Die kleinen Halligen wie Norderoog sind den Gezeiten seit jeher direkt ausgesetzt. Überflutungen sind üblich – und dennoch: Die Anzahl der „Landunter“ steigt mit den zunehmenden Starkwindereignissen in der Brutzeit und kann verheerende Folgen für Küken und Gelege haben.
Mit einem ansteigenden Meeresspiegel könnten die Küstenvögel vermutlich umgehen, solange Halligen langsam durch Sedimentation mitwachsen. Die Kombination mit stochastisch auftretenden Extremwetterereignissen ist aber ein nicht vorauszusehendes Ereignis für die Vögel. Um die Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs und der Spitzentiden auf Norderoog und die Seevögel zu beobachten ist ein Pegelmonitoring in direkter Nähe zu den Brutkolonien in Kombination mit einem detaillierten Höhenmodell der Hallig notwendig.
Überflutungsrisiko der Brandseeschwalben auf Norderoog (Bachelorarbeit unseres ehemaligen Vogelwartes Sebastian)
Das Wetter und die Watttemperatur
Eine Zunahme von Extremwetterereignissen wie Starkregen und Sturm ist ebenso eine mögliche Folge des Klimawandels wie eine Verlängerung von Hitze-, Trocken- und Regenperioden. All dies wirkt sich auf die Vögel aus: Die Windverhältnisse beeinflussen entscheidend die Jagdbedingungen der Seevögel. Niederschlag beeinflusst die Kondition der Küken vor allem in den ersten Lebenstagen.
Die Wattböden und darin beheimatete Lebensgemeinschaften – die Benthoslebewesen – bilden eine essentielle Nahrungsgrundlage für die Seevögel. Während langer Hitzeperioden sterben Muscheln im erwärmten Watt und fehlen als Nahrungsgrundlage. Temperaturmessungen im Watt, die Analyse von Stechproben und ein Monitoring der Wetterdaten helfen uns, Zusammenhänge zu verstehen und einzuordnen.
Die Fischbestände und die Nahrungsökologie
Das Wattenmeer gilt als die Kinderstube vieler Fischarten. Die Jungfischbestände sind Nahrungsgrundlage vieler Seevögel, auch der Seeschwalben auf Norderoog. Die Nahrungsverfügbarkeit und Nahrungswahl nimmt einen Einfluss auf die Kondition der Brutvögel und der Küken und beeinflusst somit sowohl den Bruterfolg als auch die Überlebenswahrscheinlichkeit. Der Einfluss des Klimawandels auf Fischbestände und die Nahrungsökologie ist vielfältig und nicht immer eindeutig belegbar. Die Kombination aus einem Jungfischmonitoring und einer Nahrungsanalyse der Seeschwalben auf Norderoog kann Erkenntnisse liefern – auch über die Konsequenzen für den Bruterfolg und letztendlich die Populationsentwicklung der Brutvögel von Norderoog.